Erzieherinnen mit Visionen

Erzieherinnen mit Visionen

Wie man aus der Not eine Tugend macht, das beweisen gerade die angehenden Erzieherinnen aus der Fachschule Sozialpädagogik in Rinteln Berufsbildenden Schulen (BBS). Die Pandemie behindert natürlich die normale praktische Ausbildung in Kita, Schule oder Freizeitzentrum. Doch erfindungsreich entwickeln die BBS-Schülerinnen Methoden, wie sie trotzdem mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten können. "Zum Glück haben wir an der BBS schon früh auf Digitalisierung gesetzt", sagt Abteilungsleiterin Sabine Nolte. So ist es schon mal kein Problem, trotz Abstands-regel die insgesamt acht Gesprächsteilnehmer für ein Treffen mit dieser Zeitung zusammenzuholen, die meisten davon per Videozuschaltung. Mit dabei ist Schülerin Mandy Seyfarth, die gerade an der Grundschule Süd ihr Praktikumsmodul startet; dazu Janine Böke, die sich in ihrem Abschluss-jahr für die Betreuung krebskranker Kinder im Klinikum Minden entschieden hat. Stellvertretend für die insgesamt 48 Schüler des Fachbereichs berichten sie, wie sie aus der Ferne Kontakt zu den Kindern herstellen. Janine Böke produziert dafür kleine Videos, von denen auch einige auch in Zukunft nützlich sein dürften, wie zum Beispiel ein niedliches Quiz rund um Tierspuren im Schnee, das für etwa dreijährige Patienten gedacht ist. Auch eine Meditation und ein Vorstellungs-Video gehören dazu. "Mit solchen Projekten kann ich umsetzen, was wir in Sachen Medienkompetenz gelernt haben", sagt sie.

Many Seyfarth hat die kontaktlose Zeit dafür genutzt, Ideen für die Grundschüler in der Wechselmodell-Nachmittagsbetreuung zu entwickeln. Dazu gehört eine Schnitzeljagd per Telefonkette oder ein Büchlein mit Experimenten für Zuhause. Da die Kleinen noch kaum das Internet nutzen, sollen sie Päckchen mit allerlei Zubehör bekommen. "Wir denken es uns so aus, dass die Kinder möglichst viel davon selbst machen können", sagt sie.

Die BBS Schülerinnen stehen mit ihren Corona-Aktionen nicht allein da, sondern tauschen sich eng getaktet mit ihren Anleitern in den BBS und den Einrichtungen aus. "Zu Beginn hatten wir die Sorge, dass die Ausbildung nicht die geforderte Qualität erbringen würde", so Bildungsgangleiterin Nadine Nonnenberg. "Inzwischen aber sehen wir, dass die Schülerinnen sehr kreativ, flexibel und selbstbewusst mit den Herausforderungen umgehen." Damit das so gut gelingt, müssen auch die Einrichtungen flexibel sein. Maren Witte setzt alles daran, um den fünf Praktikanten in ihrer Obernkirchener Kita Kleistring so viel wie möglich direkten Kontakt mit den Kindern zu ermöglichen. "Wir bilden ja die pädagogischen Kräfte für die Zukunft aus", betont sie. Die Notbetreuung ist bei ihr stark ausgelastet, die Kinder bilden Kohorten, während diejenigen, die zu Hause bleiben, digitale Angebote oder Briefpost erhalten. Das Gute sei: "Wir Praxismentoren haben momentan viel mehr Zeit für die Schüler. Jetzt besteht die Möglichkeit, intensiv auch voneinander zu lernen."

Rintelns Stadtjugendpfleger Sebastian Beck sieht das ähnlich. Er mache sehr gute Erfahrungen mit seinen Praktikanten im aktuell geschlossenen Familienzentrum. "Die haben  Visionen, die wollen mit digitalen Ideen Neuland betreten", meint er. Nico Dehne, Erzieher im Jugendzentrum Obernkirchen, nutzt mit den BBS-Schülern die gängigen Online-Portale für seine Jugendlichen:  Tanzvideos zum Mitmachen auf TikTok, Kochkurs auf Youtube, Rätsel und Spiele auf Instagram.

Einige der BBS-Schülerinnen absolvieren gerade mit einem speziellen Hygienekonzept ihr vierwöchiges Praktikum in der Kinder-Reha-Klinik Wyk auf Föhr. Zunächst sah es so aus, als müssten sie die dort anstehende Praxisprüfung ohne Klassenlehrerin Nadine Nonnenberg durchstehen. "Aber auch hier hat sich die tolle Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gezeigt", so Nonnenberg. Sie darf kommen und ihren Schülern zur Seite stehen.

"Corona hat uns insgesamt digital stark vorangetrieben", sagt abschließend Jessica Cuhlmann, stellvertretende Abteilungsleiterin. "Wir bleiben immer am Ball, ganz im Sinne des lebenslangen Lernens."

 

aus Schaumburger Zeitung vom 17.02.2021

zurück