Der lange Weg ins digitale Zeitalter

Digitalisierung

Als Lehrer Daniel Harting in die Klasse kommt, hat keiner der Schüler ein Buch oder Block auf dem Tisch vor sich liegen. Stattdessen: Tablets, auf denen sie herumtippen und durch Seiten scrollen. In dieser Politikklasse ist das ausdrücklich erwünscht, denn: die elften und zwölften Jahrgänge des Gymnasialbereichs der Berufsbildenden Schulen Rinteln (BBS) sind sogenannte Tabletklassen, ihr Unterricht läuft beinahe rein digital ab. 160 Schüler sind das derzeit, im kommenden Jahr sollen es 230 Schüler werden. "Alle Schüler werden mit Tablets versorgt", erläutert der stellvertretende Schulleiter Günter Potthast. Entweder besitzen sie bereits Tablets (laut Potthast sind das die Hälfte der Schüler), sie kaufen sich direkt eines zum Einkaufspreis der Schule, oder sie leasen ein Geät über einen Zeitraum von drei Jahren. Das laufe seit dem vergangenen Jahr schon so erfolgreich, dass ab dem kommenden Jahr auch der 13. Jahrgang Tabletklasse werden soll, so Potthast. Zu Beginn eines Schuljahres gibt es Einführungskurse für die Schüler, erläutert Harting, "um alle auf denselben Stand zu bekommen". Das werde dann in einem halben Jahr wiederholt. Es ist Zeit für Gruppenarbeit in der Politikklasse von Daniel Harting. Die Gruppen sollen die Institutionen der Europäischen Union auflisten und chrakterisieren. Dafür recherchieren sie online und nutzen Links, die Harting ihnen bereitstellt, sowie Informationen, die sie selbst finden. Die Lehrer können die Tablets über eine zentrale Verwaltungssoftware steuern, sodass Schüler für Unterrichtseinheiten nur bestimmte Programme nutzen oder ohne Internet arbeiten müssen.Hinterher stellen die Gruppen ihre Arbeit vor. Dazu wird das Tablet-Display über den Beamer im Klassenraum an die Wand geworfen, sodass alle im Klassenraum verfolgen können, worüber aktuell geredet wird. Einzelne schüler machen zwischendurch auch etwas anderes, checken Fotos auf Instagram oder scrollen sich durch Homepages über Pferdesport. "Natürlich kann man mit den Tablets auch spielen", sagt Harting. Er aber glaubt: "Das merkt man hinterher an den Noten." Harting unterrichtet neben Politik auch Deutsch und Geschichte. In Geschichte arbeitet er viel mit Youtube-Videos vertrauenswürdiger Kanäle, die er seinen Schülern zur Vorbereitung schickt, sodass er im Unterricht sofort ins Thema einsteigen kann. Bücher benutze er nur noch selten.

Die Digitalisierung stellt die BBS allerdings auch vor Herausforderungen. Allein am Standort Dauestraße befinde sich die 1000er Datenleitung schon hart an der Belastungsgrenze, so Harting: "Wir müssen dafür sorgen, dass bis zu 1000 Geräte gleichzeitig online sein können." Der Ausbau des WLAN sei daher "ganz wichtig" sagt Potthast, an der Dauestraße ebenso wie an den drei weiteren BBS Standorten in Rinteln und Bückeburg. Zahlreiche Schüler wechseln zwischen den Standorten, das müssen die Geräte problemlos mitmachen können, so Potthast. Die digitale Ausbildung "steht bei uns in den Prüfungsunterlagen", so der stellvertretende Schulleiter - doch die Schule können dies nur mit der passenden Infrastruktur lehren. "Wir hoffen hier sehr auf den Schulträger."

Die Schule hätte außerdem gern einen eigenen Server, muss derzeit jedoch alles über die Cloud von Microsoft speichern, denn: "So weit ist die Landesschul-behörde noch nicht", so Harting. Die Schule nutze das Microsoft - 365 - Paket, was aus Datenschutzgründen nicht ganz unumstritten sei.

Viel ist in den Augen der BBS aber auch schon erreicht worden. Beinahe alle Klassenräume seien inzwischen so umgerüstet, das moderner Tabletunterricht möglich sei, zum Beispiel mit leistungsstarken Lautsprechern und einem Beamer, der das Display eines Tablets auf die Wand projizieren kann. Doch auf den guten alten Computerraum gibt es noch an den BBS, und das sei auch gut so, sagt Harting: Wenn Klassen mit Grafikanwendungen arbeiten müssen, komme ein Tablet schnell an seine Grenzen. Die Computerräume seien außerdem hervorragend ausgestattet, trotz des hohen Verschleißes an Technik. Für Klausuren sind Tablets in Niedersachsen noch nicht zugelassen - das wäre der "nächste Schritt" , so Harting.

aus: Schaumburger Zeitung vom 06.01.2020

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