Er hat es allen gezeigt Kebria Kiani Bakhtiari kam als Flüchtling – drei Jahre später macht er sein Abitur: mit Bravour

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Da der damals 16-Jährige bereits in seiner Heimatstadt Teheran ein Gymnasium besuchte, nahm er am beruflichen Gymnasium der Berufsbildenden Schulen Rinteln einen zweiten Anlauf. Auch dort reagierte man zwar zunächst skeptisch, ließ die Anmeldung dann aber doch zu. Drei Jahre später hat Kebria Kiani Bakhtiari es geschafft, sein Abitur in der Tasche – bestanden mit einer Durchschnittsnote von 2,4.

Beim Besuch in der Redaktion dieser Zeitung stellt sich heraus, dass die Lieblingsfächer des ausgesprochen höflichen Persers mit dem freundlichen Lächeln nicht etwa Sprachen, sondern Mathematik und Naturwissenschaften sind. Trotzdem spricht der 19-Jährige grammatikalisch nahezu fehlerfrei Deutsch, mit Akzent zwar, aber wohlüberlegt und mit Bedacht.

Es sei das Erste gewesen, das er in Deutschland in Angriff nahm: die Sprache zu lernen. Noch im Durchgangslager für Asylbewerber in Braunschweig lud er sich eine App runter, mit der er sich auf Persisch erste Deutschkenntnisse beibringen konnte. Trotzdem verstand er erst mal kein Wort als er rund 40 Tage später an den Schulen in Rinteln, wo er mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder zunächst im Asylheim im Bahnhofsweg unterkam, vorstellig wurde.

Entsprechend schlecht fielen seine ersten Noten aus. "In meiner ersten Spanischklausur hatte ich eine 5 minus", erzählt er. "Ich musste mir also eine weitere fremde Sprache auf Deutsch beibringen." Aber Bakhtiari ist ein ehrgeiziger Typ, auf seiner Schule im Iran war er zuletzt Klassenbester, die 5 ärgert ihn. Er paukt. Als ein paar Wochen später die nächste Spanischklausur ansteht, zahlt sich der Fleiß aus. "Ich bekam eine 1. Es war die beste Klausur der Klasse", erzählt er. Hilfreich für das Verständnis der deutschen Sprache seien seine Englischkenntnisse, die er sich neben Arabisch in der Schule im Iran aneignete. "Deutsch und Englisch sind sich sehr ähnlich, nicht zu vergleichen mit Persisch", sagt er.

Sich in Rinteln einzuleben, sei ihm anfangs nicht leicht gefallen. Es braucht eine Weile, bis er Freunde findet und seine Freizeit nicht mehr alleine zu Hause verbringt. Aber je mehr Kontakt er schließlich zu anderen Rintelnern bekommt, desto besser wird auch sein Deutsch. Es dauert nicht allzu lange und er findet auch eine Freundin. Sie habe ihm sprachlich viel geholfen und helfe ihm auch jetzt wieder beim Schreiben von Bewerbungen, bei Stüken in Rinteln, bei Bornemann in Obernkirchen. Um im Oktober das gewünschte Maschinenbaustudium aufnehmen zu dürfen, muss er nämlich ein Praktikum nachweisen. Trotzdem vermisst er natürlich manchmal seine Heimat, vor allem seine Verwandten und seine Freunde, aber auch das Essen.

Aber in den Iran zurückzukehren, ist bis auf Weiteres keine Option. "Für meinen Vater wäre es lebensgefährlich", erzählt er. "Und ich selbst könnte nicht mehr studieren, weil ich ja meine Schule dort nicht beendet habe." Sein Vater, der in Teheran einen Safranhandel betrieb, sei seit jeher politisch aktiv, habe sich eingesetzt für Demokratie und Menschenrechte. Damit habe er sich den Unmut der Regierung der Islamischen Republik eingehandelt, sei immer wieder festgenommen und teilweise monatelang inhaftiert worden, habe sich seines Lebens zunehmend nicht mehr sicher gefühlt.

Dabei seien weder Bakhtiari noch sein Vater gegen Religion, sie sind selbst Schiiten und glauben an Gott. "Aber die Regierung nutzt die Religion aus und verändert sie, um ihre Macht auszubauen", sagt Bakhtiari.

Nach der letzten Festnahme im Jahr 2012 habe sein Vater den Entschluss gefasst, seine Heimat mit seiner Familie zu verlassen, um woanders ein sicheres Leben führen zu können.

Die Familie, erzählt Bakhtiari, sei über die Grenze in die Türkei geflohen. Nach wochenlangem Ausharren in einem kleinen Dorf im Osten des Landes sei es schließlich nach Istanbul und von dort aus nach Hamburg gegangen. Zwischendurch kamen sie beim Bruder des Vaters in Einbeck unter, bis sie sich schließlich in Braunschweig meldeten.

Dass die Familie dann in Rinteln landete, zunächst im Asylheim im Bahnhofsweg, inzwischen in einer kleinen Wohnung, ist reiner Zufall gewesen. Verglichen mit der Millionenmetropole Teheran, ist das provinzielle Rinteln zwar winzig. Aber Bakhtiari gefällt es. "Ich finde es schön hier", sagt er.

Und vor allem brauchen weder er noch sein Vater hier irgendwelche Repressalien zu fürchten, wenn sie mal anderer Meinung als die Regierung sind. Quelle: Schaumburger Zeitung

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