Mehr Schüler, weniger Lehrer

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Mit dem Schülerandrang an den Berufsbildenden Schulen Rinteln ist Schulleiter Herbert Habenicht sehr zufrieden. "Wir legen gegen den rückläufigen Landestrend noch mal um etwa 50 Schüler zu, haben aber nach den zehn Pensionierungen am Schuljahresende aber nur acht neue Lehrkräfte bekommen. Wir können zwar alle unsere Bildungsangebote aufrechterhalten, nehmen dank des starken Engagements unserer Lehrer sogar noch eine neue Sprachlernklasse für Flüchtlinge dazu. Doch bei einer Unterrichtsversorgung von nur noch maximal 85 Prozent müssen wir langsam Abstriche machen, in Englisch, Deutsch und Sport geht das schon nicht mehr anders."

Zunächst Zahlen: "1650 Schüler insgesamt im letzten Jahr, so viele haben wir jetzt schon, aber es kommen noch etwa 50 durch demnächst beginnenden Blockunterricht dazu", rechnet Habenicht vor. "Stichtag für die endgültige Zahl ist der 15. November."

Alle Bildungsgänge können aufrechterhalten werden, auch die zuletzt gefährdeten Handwerksberufe Tischler (über 20 Azubis) und Elektrotechniker (23). Sorgen machen dieses Jahr die Friseure (10). Da wird die Mindestzahl unterschritten, aber mit Überhängen in anderen Klassen verrechnet. "Wir geben so schnell keine Klasse auf", sagt Habenicht, "das kann im nächsten Schuljahr doch wieder anders aussehen."

Neu dagegen wurde die Fachoberschule Technik, Klasse 11, eingerichtet, die mit der 12. Klasse dann zur Fachoberschulreife führt. "Hier haben wir mit 16 Anmeldungen zwar auch nicht genug, bräuchten eigentlich 22, aber auch das gleichen wir rechnerisch durch andere Klassen aus. Die neue Klasse muss sich in den nächsten Jahren aber etablieren."

Bei der Berufsfachschule für Sozialassistenten konnten wir eine zusätzliche Klasse aufnehmen, weil wir dafür genug Lehrer haben. Das ist die Unterstufe der Erzieherausbildung, da haben wir jetzt drei statt früher zwei Klassen." 15 neue Schüler kommen von einer inzwischen geschlossenen Bundeswehreinrichtung, sie werden in eine bestehende Klasse integriert.

Großer Andrang herrscht auch bei Einzelhandels- und Industriekaufleuten. Letztere bilden erstmals eine zweite Klasse. Mit 23 Azubis liegt die Klasse Verfahrensmechaniker Glastechnik für Hohlglas deutlich über dem Minimum von 14, ist also sicher.

Die BBS Rinteln stellt sich auch dem Flüchtlingsproblem. "Wir haben eine Sprachlernklasse neu eingerichtet für Asylsuchende, die in einer Woche schon von zehn auf 16 Teilnehmer angewachsen ist", sagt Habenicht. "Das ist pädagogisch harte Arbeit, denn da kann niemand Deutsch, einige zum Glück etwas Englisch. Manche verstehen am Anfang gar nichts, wir hätten niemanden von ihnen in eine normale BBS-Klasse stecken können. Aber unsere Lehrkräfte waren bereit, diese Aufgabe durch Mehrarbeit zu übernehmen, denn wir haben nur drei zusätzliche Lehrerstunden hierfür bewilligt bekommen, unterrichten diese Klasse aber 26 Stunden pro Woche."

Das berufliche Gymnasium ab Jahrgang 11 ist mit vier Klassen und rund 100 Schülern am Start, ähnlich stark gefragt also wie das Gymnasium Ernestinum mit seinem neuen 5. Jahrgang (wir berichteten).

Doch das große Problem der BBS Rinteln ist der Lehrermangel. "Mit 85 Prozent Unterrichtsversorgung liegen wir aber sogar noch über dem Landesdurchschnitt, bekommen deshalb wohl keine neuen Lehrer, und wenn, dann würde das erst 2016 wirksam. Wir haben Englisch in vielen Klassen schon von zwei auf eine Wochenstunde reduziert, bei Deutsch und Sport ist es ähnlich. Wir können auch den zweiten Berufsschultag pro Woche bei einigen Berufen nur noch einmal im Monat anbieten. Wir gehen aber über unsere Pflichtstunden hinaus, um alle Prüfungsziele zu erreichen und Engpässe zu beseitigen. Und bisher lagen unsere Prüfungsergebnisse auch über dem Landesdurchschnitt."

Eine kleine Hilfe sind Geldmittel, um Lehrkräfte von außen einzukaufen. "Wir haben da mehrere gefunden, die Verträge laufen aus Haushaltsgründen aber erst mal nur bis zum Ende des Kalenderjahres. Manche von diesen Lehrkräften machen drei, andere bis zu acht Stunden Unterricht pro Woche. Allein vier gerade verabschiedete Lehrer bleiben so gegen Bezahlung weiter in unserem System. Immerhin: Der Landkreis als Schulträger unterstützt uns bei Sachausgaben sehr gut."

Einen Wunsch hat Habenicht an die Landesregierung, auch mit Blick auf die viel bessere Lehrerversorgung an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen: "Auch wir brauchen 100 Prozent Unterrichtsversorgung." Derzeit hat die Schule 90 Lehrkräfte, aber nur 73 volle Stellen, also viele Teilzeitkräfte darunter. Die Not sei in allgemeinbildenden Fächern, bei den Fluggerätetechnikern, der Metalltechnik und in Wirtschaftsfächern am größten.

Wichtig ist Habenicht, dass die Marketingstrategie der BBS Rinteln weiter aufgeht: "Damit haben wir sogar schon Betriebe überzeugt, ihre Azubis lieber zu uns als nach Hannover zu schicken", sagt Habenicht. "Im Nordkreis gelingt das allerdings nicht immer, denn da wollen die Azubis sogar lieber nach Hannover, denn dort können sie anschließend schön shoppen gehen."


Von Dietrich Lange

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