Mit Meditation gegen Corona-Stress

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Dort, wo vor wenigen Tagen noch nervöse Abiturientinnen und Abiturienten ihre schriftlichen Abiturprüfungen an auseinandergestellten quadratischen Tischen schrieben, liegen an diesem besonderen Tag Yoga-Matten – und auf ihnen ziemlich entspannte Schülerinnen und Schüler. Denn: Es ist „Achtsamkeitstag“ am Beruflichen Gymnasium für Sozialpädagogik (BGS).

„Bei Achtsamkeit handelt es sich um einen Zustand des bewussten Wahrnehmens von sich und seiner Umwelt“, erklärte dabei der zertifizierte Achtsamkeitscoach Sascha Bunge, der den Weiterbildungstag für den Jahrgang zwölf als Referent leitet. Bunge war bereits im Februar als Experte zu dem Thema „Stress und Stressprävention“ Gast in der Veranstaltungsreihe „Praxis meets Schule“ am Beruflichen Gymnasium für Sozialpädagogik. Das gefiel den Schülerinnen und Schülern so gut, dass er noch einmal einen ganzen Tag wiederkommen musste, um den Schülerinnen und Schülern mit vielen praktischen Übungen zu helfen, Achtsamkeit im Hier und Jetzt zu erfahren.

„Wir haben das Glück im Schwerpunkt Sozialpädagogik, dass die Schülerinnen und Schüler immer wieder aktuelle Themen im schriftlichen Abitur bearbeiten. Für diesen Jahrgang steht unter anderem das Thema ‚Stress und Stressprävention‘ im Mittelpunkt des psychologischen Abiturschwerpunktes“, erklärte Philipp Held, Leiter des Schwerpunktes Sozialpädagogik.

So habe man sich kürzlich im Pädagogik/Psychologie-Unterricht auch intensiv mit den Stressfolgen der Corona-Pandemie und ihrer Maßnahmen befasst und unter anderem die Ergebnisse der COPSY-Studie erarbeitet. Die COPSY-Studie (Corona und Psyche), die repräsentativ etwa 1500 Familien erreicht habe und während des Lockdowns im Jahr 2020 erhoben worden sei, habe unter anderem festgestellt, dass sich über 70 Prozent der Kinder im Alter von sieben bis 17 Jahren durch die mit der Corona-Krise einhergehenden Veränderungen belastet gefühlt hätten, so Held. Bedeutsame Stressoren seien dabei das Homeschooling, der fehlende Kontakt zu Freunden und Freundinnen oder auch Streitigkeiten zu Hause gewesen. Auch die berufliche Situation der Eltern sei zum Beispiel durch die finanziellen Folgen von Kurzarbeit nicht spurlos an Kindern und Jugendlichen vorüber gegangen, so Held weiter.

Eike Blohm, Abteilungsleiter der Beruflichen Gymnasien an den BBS (Berufsbildenden Schulen) Rinteln, bestätigte, dass sich die Ergebnisse der COPSY-Studie auch mit den Erfahrungen aus Perspektive der Schule decken würden: „Wir sind als Lehrkräfte der BBS Rinteln immer nah an den Bedürfnissen unserer Schülerinnen und Schüler. Nicht zuletzt unsere tägliche Begleitung während der Lockdowns in den letzten Jahren hat uns im Homeschooling Einblicke in die Jugendzimmer unserer Schülerinnen und Schüler gewährt und somit trotz Distanz-Unterricht sehr nah mit ihren alltäglichen Problemen konfrontiert. Wir stellen durch Corona vermehrt fest, dass Stress-Symptome sowie – damit verbunden – krankheitsbedingte Ausfälle zunehmen“, so Blohm.

Daher sei es den BBS Rinteln auch eine Herzensangelegenheit, dem Gegenwirken dieser Folgen mit dem Achtsamkeitstag Raum und Zeit geben zu können, erläuterte Blohm weiter.

Dass eine achtsame Haltung, die durch Meditation, sogenannte Body-Scans (eine meditative Übung, bei der man seine Aufmerksamkeit nacheinander auf alle Körperteile lenkt und Gefühle und aufkommende Gedanken wahrnimmt, ohne diese mit einem Urteil zu versehen) sowie achtsame Körperarbeit einen positiven Einfluss auf das Stressempfinden habe, sei mittlerweile wissenschaftlich bestätigt, stellte Bunge, fest: „Das Erleben der Belastung verringert sich, das Gefühl des Ausgeliefertseins nimmt ab, körperliche Symptome wie Bluthochdruck, Kopfschmerz und Anspannung können abnehmen oder verschwinden.“

Teilnehmerin Joceline Ulitzka resümierte, dass der „Achtsamkeitstag“ insgesamt ein lohnendes Angebot gewesen sei. Sicherlich könne ein Tag nicht zwei Jahre Corona-Krise wieder ausgleichen, aber sie hoffe darauf, dass die gelernten Methoden auch dabei helfen würden, gesund zu bleiben und möglichst entspannt durch die noch bevorstehenden Prüfungsphasen in der Oberstufe zu kommen.

Aus: Schaumburger Zeitung vom 21.05.22

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