Ungewisser Austausch

Ungewisser Austausch

Während sich Rinteln mehr und mehr darauf vorbereitet, dass außer den Staaten nun auch einzelne Bundesländer ihre Grenzen für Touristen schließen, hofft mindestens einer, dass er bald noch Grenzen überqueren darf: Derzeit absolviert der 19-jährige Engländer James Jardin ein Praktikum in der Verwaltung der Rintelner Stadtwerke. Ihm gefalle die Zeit gut, erzählt Jardin in flüssigem Deutsch, das er in der Schule gelernt hat. Seit eineinhalb Wochen hält er sich schon in der Weserstadt auf, am Wochenende soll es eigentlich für ihn zuückgehen nach England, und zwar in seine Heimat: Rintelns Partnerstadt Kendal. Derzeit sind alle noch sehr zuversichtlich, dass das auch klappen wird. "Aber man muss wirklich jeden Tag gucken", sagt Ulrich Seidel, Ausbilder für IT-Kaufleute bei den Stadtwerken und Mitglied in Rintelns Städtpartnerstadtverein. An das Praktikum gekommen ist Jardin über den Verein. Ursula Mücke ist Vorstandsmitglied und arbeitet als Studienrätin an den Berufsbildenden Schulen. Als sie Kendal zuletzt besuchte, traf sie Jardin, der gerade Deutsch im Leistungskurs absolvierte. Für ihn stand damals schon fest, dass er unbedingt einmal Rinteln besuchen wollte. Dieser Besuch fällt nun wegen des Coronavirus sehr anders aus als eigentlich geplant: Seine Klasse vom Kendal College kann nicht, wie geplant, eine Woche lang nach Rinteln zu Besuch kommen, die Stadtwerke selbst haben die Zusammenarbeit der Kollegen auf das absolute Minimun reduziert. Trotzdem sei das Praktikum sehr interessant, erzählt Jardin, er habe mehrere Abteilungen kennengelernt. "Wir sind natürlich flexibel", erzählt Seidel. Jardin wohnt während der zwei Wochen bei Ursula Mücke und bekommt so auch vom deutschen Alltagsleben viel mit - auch wenn das wiederum weit heruntergeschraubt wurde. Doch der Ausnahmezustand gilt für so ziemlich alle Austausche, die der Rintelner Partnerschaftsverein derzeit unterhält. Zwei über den Verein vermittelte Praktikanten halten sich derzeit in Kendal auf, einer am Kendal College im Bereich Gastronomie, einer bei der Partnerorganisation der Rintelner Lebenshilfe WSOP. Auch sie hoffen derzeit, dass sie so bald wie möglich zurückkehren können - doch den Rückflug umzubuchen, sei derzeit schwierig, erzählt Ursula Mücke. So oder so werden alle Praktikanten weiterhin gut betreut und haben eine gesicherte Bleibe. 

Die Berufsbildenden Schulen (BBS) rinteln hatten mehrere Fluggerätmechaniker für Praktika ins spanische Sevilla geschickt. Auf Anweisung der Schulleitung müssen jedoch alle Praktikanten sofort und damit drei Wochen früher als geplant nach Deutschland zurückkehren. Auch hier, dasselbe Spiel: Die Rückflüge nach Deutschland sind derzeit sehr gefragt, die jungen Erwachsenen hoffen, schnellstmöglich zurückkehren zu können. Weitere, für die nächsten Wochen, geplante Praktikumsaufenthalte der BBS Rinteln im Rahmen des Austauschprogramms "Erasmus +" in Dänemark und Irland wurden vorerst auf Eis gelegt.

Auch das weitere Programm des Städtepartnerschaftsvereins ist derzeit unterbrochen. Geplant war eigentlich der Besuch des Lakes Gospe Choir im Mai - abgesagt. Über weitere Absagen von geplanten Besuchen in Rinteln sowie in den Partnerstädten Kendal und Slawno in Polen will der Vereinsvorstand nach Ostern beraten.

aus: Schaumburger Zeitung vom 19.03.2020

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