Wer soll die Alten pflegen?

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Rinteln. Die Zahlen sprechen für sich: Im Zuständigkeitsbereich der Arbeitsagentur Hameln, zu dem die Landkreise Hameln-Pyrmont, Holzminden und Schaumburg gehören, sind 154 Stellen für examinierte Altenpfleger ausgeschrieben. Dem stehen bei den Stellengesuchen 16 Bewerber gegenüber.

Während es auf der einen Seite an finanziellen Anreizen und auch an gesellschaftlicher Anerkennung für Altenpfleger mangelt, werden sie auf der anderen Seite mit hohen Erwartungen konfrontiert. Die Aufnahmevoraussetzungen für die Ausbildung sind nicht ohne, und die körperlichen und psychischen Belastungen bei der Arbeit lassen sich nicht wegdiskutieren.

Auswege aus dem Dilemma sucht man in Rinteln in Form von besonders guter Kooperation aller bei der Fachkräftesuche und -ausbildung Beteiligten. Die Agentur für Arbeit arbeitet hier eng mit den Berufsbildenden Schulen (BBS) zusammen. Und inzwischen ist das Thema Umschulung ein großes in der Altenpflege.

Denn: "Jungen Leuten die Altenpflege als Erstausbildung schmackhaft zu machen, erweist sich als schwierig", sagt Sabine Nolte, Abteilungsleiterin für den Bereich Altenpflege an den Berufsbildenden Schulen in Rinteln. "Aber unter den Erwachsenen gibt es doch viele, die sich im Laufe ihres Lebens noch einmal umorientieren möchten. Sei es, weil sie zum Beispiel durch Elternzeiten den Anschluss an den erlernten Beruf verloren haben, sei es, weil ihnen so ein sozialer Beruf mit dem Älterwerden einfach sinnvoller erscheint." In den Altenpflegeklassen an der BBS fänden sich entsprechend viele gestandene Erwachsene aus den unterschiedlichsten beruflichen Feldern. Da säße ein Buchhändler neben dem Koch und die Steuerfachfrau neben der Friseurin.

"Den Umschülern kommt entgegen, dass der Gesetzgeber für diese Ausbildung eine Ausnahme im Förderbereich geschaffen hat", erklärt Reiner Frost von der Agentur für Arbeit. "Während das Arbeitsamt normalerweise höchstens zweijährige Umschulungen genehmigt, übernimmt es hier die kompletten drei Jahre, die die Ausbildung zur examinierten Altenpflegefachkraft dauert." Dabei könne sowohl der Umschüler finanziell unterstützt werden, als auch der Arbeitgeber, der den Auszubildenden ja für die Unterrichtstage freistellen muss. Gerade wo Fördergelder fließen, würde auch genau hingeschaut, ob sich die Bewerber wirklich für den angestrebten Beruf eignen.

"Bei allen, die noch nicht in der Pflege tätig waren, steht als Erstes ein Praktikum an", erläutert Sabine Nolte. Ein erster Abgleich von Vorstellung und Realität. Es würden Beratungsgespräche folgen und oft auch psychologische Eignungstests. Die Frage nach den nötigen Voraussetzungen, was Schulabschluss, oder alternativ, abgeschlossene Berufsausbildung angeht, wäre natürlich sowieso bereits im Vorfeld abgeklärt. Besonders froh wären Arbeitgeber, wenn sich Mitarbeiter in den Pflegeheimen, die dort ungelernt oder als Pflegehelfer tätig sind, zur Fachkraft weiterbilden lassen würden. Diese Menschen wüssten schon, was die Arbeit in der Altenpflege bedeutet. Und – ein großes Plus für ihre Arbeitgeber – sie blieben der Einrichtung nach Abschluss der Ausbildung meist erhalten. Dieser Vorteil könne angesichts des quasi leer gefegten Fachkräftemarktes gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Wer die Hürden der Eignungsprüfung genommen hat, kann sich auf Unterstützung zur Lösung persönlicher Probleme, was zum Beispiel Arbeitszeiten oder das notwendige Mindesteinkommen angeht, bei allen Beteiligten verlassen. "Nur lernen muss man allein", sagt Insa Gröne, die mitten in der Umschulung steckt. "Und für uns Erwachsene, die schon lange keine Schulbank mehr gedrückt haben, heißt das erst einmal wieder ’Lernen‘ lernen."

von Claudia Masthoff

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