Aufräumen mit alten Bildern und Vorurteilen

Tag der offenen Tuer

Ein Tag der offenen Tür bietet immer eine gute Gelegenheit, um mit alten Bildern und Vorurteilen aufzuräumen. Und so konnten sich interessierte Besucher beim Informationsnachmittag der BBS Rinteln gründlich davon überzeugen, dass so ein modernes Berufsbildungszentrum gar nicht mehr viel mit der altbekannten Berufsschule zu tun hat. Welche Vorurteile kann man getrost ad acta legen?

Vorurteil 1: "Berufsschule? Da gehen doch die jungen Leute einmal in der Woche hin, wenn sie eine Lehre machen."

Ja, auch, meint Schulleiter Habenicht. Aber die heutige BBS biete ein weit größeres Angebot bei der beruflichen Bildung. Das reiche von Berufsvorbereitungsklassen, einjährige Berufsfachschulen, die als erstes Lehrjahr im entsprechenden Fachgebiet angerechnet werden, über zweijährige Ausbildungen zum Beispiel zur Pflegeassistentin, bis zur Ausbildung zum/zur Erzieher/in, die sich insgesamt über vier Jahre erstrecken würde. Unter dem Dach der BBS fänden sich zudem zwei Fachgymnasien (Schwerpunkt Wirtschaft oder Gesundheit und Soziales) sowie zwei Fachoberschulen (Bereich Technik und Bereich Gesundheit und Soziales).

Was das Alter der Schüler angehe, liege das zwischen 16 und 58 Jahren, erklärt Habenicht. Die "älteren Semester" wären vornehmlich in den sozialen und pflegerischen Ausbildungsgängen zu finden.

Vorurteil 2: "In die Berufsschule gehen die Schüler ja nicht so oft und so lange. Da kann man sich nicht so gründlich um deren Probleme kümmern."

Im Gegenteil, meint Habenicht. Gerade für so eine große Schule mit 1700 Schülern, aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen sei ein funktionierendes System für Beratung und Konfliktlösung unerlässlich. Die BBS verfüge über ein zehnköpfiges Konfliktlösungsteam und über ein besonders ausgebildetes Mobbing-Interventions-Team (MIT). Für Ansprechpartner für die Schüler in problematischen Situationen sei also gesorgt.

Vorurteil 3: "Eine Berufsschule ist ein Haus. Von der Außenwelt durch eine Mauer getrennt." Was für die Gebäude schon unter dem Aspekt der Wärmedämmung sicher wahr und richtig ist, gilt für den Geist der BBS lange nicht mehr. "Wir sind sehr gut vernetzt. Das macht einen großen Teil des Erfolges unserer Schule aus, dass sie so gute Kontakte zu Unternehmen, zum Arbeitsamt, zu Trägern im sozialen Bereich und zu Organen der Verwaltung hat.

Lehrer Dr. Uwe Förster ergänzt: "Und unsere Schüler trauen sich auch immer mehr in die Welt hinaus. Einige Altenpflegeschüler machen Praktikum in Kopenhagen. Angehende Erzieher sammeln Berufserfahrung in Kinderkurkliniken auf Nordseeinseln. Und Auszubildende der Fachrichtung Fluggerätetechnik sind sowieso weltweit unterwegs."

Vorurteil 4: "Das Abi am Wirtschaftsgymnasium ist leichter als das ’normale‘ Abitur

Das weiß der Leiter des Beruflichen Gymnasiums, Thomas Piepho, allerdings besser. "Mit dem anspruchsvollen Leistungsfach ,Wirtschaft‘ auf dem Lehrplan, sei es für seine Schüler sogar eher schwieriger, einen herausragend guten Notendurchschnitt zu erreichen. Die Abiturprüfungsaufgaben in den anderen Fächern seien im Übrigen identisch mit denen anderer Gymnasien. Marieke Hamschmidt, eine der diesjährigen Abiturienten kommentiert, sie habe ihre Entscheidung jedoch nie bereut. "In Bewerbungsverfahren hilft unser Vorwissen bei den betriebswirtschaftlichen Fragen enorm. Das gibt Sicherheit und vermindert die Nervosität."

Außerdem sei sie von Anfang an von der guten Atmosphäre und dem entspannten Verhältnis zu den Lehrern begeistert gewesen.

Vorurteil 5: "Altenpflege kann jeder"

Eher nicht, meint Dr. Förster, der in diesem Fachbereich als Lehrer tätig ist. "Altenpflege ist ein sowohl fachlich anspruchsvoller wie auch körperlich anstrengender Beruf. Und unsere Ausbildung hier ist kein Ponyhof. Wer hier den Abschluss schafft, hat es wirklich drauf!"

Das Vorurteil 6, dass man sich mit einer so großen Schule und ihrer heterogenen Struktur wohl nicht identifizieren könne, löst sich am Mittwoch schon beim Eintreten in die große Eingangshalle in Luft auf. Zur Linken das Kuchenbuffet der Abiturienten.

An der Treppe, freundliche Helfer, die Eltern den Weg zu den gesprächsbereiten Lehrern in einzelnen Klassenzimmern zeigen. Rund um die Halle die Infotische der Fachbereiche, einladend mit dazugestellten Besucherstühlen. Lächelnde Gesichter. Spürbare Begeisterung für die eigene Sache in den Beratungsgesprächen.

"Wir werden mit einer Unterrichtsversorgung von 85 Prozent abgespeist", so der empörte Schulleiter. Und Habenicht weiß genau, wem er das Gelingen des guten schulischen Miteinanders zu verdanken hat. "Die Mitarbeiter hier setzen sich wirklich überdurchschnittlich ein. Das kann man gar nicht oft genug sagen."

Marieke Hamschmidt (v.l.), Lea Warnecke, Luisa Stemme versorgen die Besucher mit Kaffee und Kuchen.

Quelle: Schaumburger Zeitung

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